Angst vor dem leeren Blatt? Schöne Scheiße!

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April 28, 2021

Eine Cartoon-Figur präsentiert stolz auf einem Silbertablett einen strahlenden und wohlgeformten Haufen Scheiße.

Gegen die Angst vorm leeren Blatt empfehlen die Amerikaner: "Write a shitty first draft!" Das hilft - wenn Sie sicherstellen, dass es richtig schön shitty wird.

Horror vacui, Schreibblockade, Angst vor dem weißen Blatt – nennen Sie Ihr Problem mit dem ersten Satz wie Sie wollen! Aber schaffen Sie es aus der Welt!

Dieser Text hilft Ihnen, ein für alle Mal Schluss zu machen mit der Panik vor dem Schreiben.

Glauben Sie nicht?

Werden wir ja sehen. 🙂

Free Writing wirkt gegen die Angst vor dem leeren Blatt – wenn Sie es vorbereiten

Der Kern der Lösung ist eine Methode, die die Amerikaner Free Writing nennen.

Dafür müssen Sie Ihrem inneren Kritiker das Maul stopfen.

Ernest Hemingway und tausende weitere Schriftsteller, Werber und Wissenschaftler haben ihn mit Alkohol betäubt.

Kurzfristig mag das funktionieren. Aber Sie wissen wahrscheinlich, dass es mit Ernest Hemingway kein gutes Ende nahm.

Trainieren Sie lieber zwei, dreimal pro Woche Free Writing! (Siehe Kasten!)

Wie Sie mit Free Writing lernen, im Flow zu schreiben

Free Writing (wörtlich: freies Schreiben) trainiert Ihre Fähigkeit, schreibend im Fluss zu bleiben.

Das geht so:

1. Definieren Sie einen Zeitraum

Stellen Sie einen Wecker, eine Küchenuhr oder den Timer auf Ihrem Handy auf 10 Minuten.

2. Nehmen Sie sich ein Thema vor

Jetzt geben Sie sich selbst irgendein Stichwort. Sie können zum Beispiel ein Buch aufschlagen und mit geschlossenen Augen auf eine der Seite tippen. Das Wort, auf dem Ihr Finger landet, ist Ihr Stichwort.

3. Schreiben Sie, bis der Wecker klingelt

Darüber schreiben Sie jetzt zehn Minuten lang. Ohne Unterbrechung. Ihr Kugelschreiber oder Ihre Finger auf der Tastatur stehen während des Free Writings niemals still.

Sie schreiben, schreiben, schreiben einfach hin, was Ihnen in den Sinn kommt.

Sie bewerten nicht, was dabei herauskommt. Sie erlauben sich, den Text einfach weiter zu treiben.

Immer vorwärts! Niemals gehen Sie während dieser Übung im Text zurück.

Unterdrücken Sie den Impuls, Rechtschreib- oder Kommafehler zu korrigieren.

Schreiben Sie einen shitty first draft!

Machen Sie sich einen Trainingsplan!

Die besten Erfolge erzielen Sie, wenn Sie Free Writing für vier bis sechs Wochen dreimal in der Woche üben.

Mit Free Writing lernen Sie, assoziativ zu schreiben. Das nimmt Ihnen die Angst vor dem leeren Blatt,  verkürzt den Schreibprozess enorm und lässt Sie viel entspannter schreiben. 

Die Ergebnisse sprechen für sich. 

Starten Sie Ihr Free-Writing-Training noch heute und ziehen Sie's mindestens vier Wochen durch!

So lernt Ihr Hirn langsam aber sicher, den inneren Kritiker zu ignorieren.

Die Idee beim Free Writing ist, allen Perfektionismus und alle Selbstzweifel beiseite zu schieben und für einen bestimmten Zeitraum einfach mal drauflos zu schreiben.

Ununterbrochen. Ganz egal, was dabei herauskommt.

"Write a shitty first draft!", empfehlen die Amis. Zu gut Deutsch: Der erste Entwurf Ihres Textes darf scheiße sein.

Im Ernst: Erlauben Sie sich, scheiße zu schreiben!

Meine Erfahrung mit mir selbst und mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern meiner Schreibkurse sagt: Free Writing wirkt.

Auch, wenn es in den meisten Fällen nur ein Teil der Lösung ist.

Wie Free Writing Ihnen die Angst vor dem leeren Blatt nimmt

Wenn Sie Free Writing regelmäßig trainieren, löst sich Ihre Schreibblockade.

Es passieren zwei Dinge:

Erstens beweisen Sie sich beim Free Writing selbst immer wieder, dass Sie in sehr kurzer Zeit überraschend viel Text produzieren können, der sich überraschend gut liest.

Sie spüren am eigenen Leib, dass Sie gut schreiben können, obwohl – oder besser, weil – Sie sich gar nicht erst vornehmen, gut zu schreiben.

Write a shitty first draft! Verstehen Sie?

Zweitens machen Sie die seltsame und beglückende Erfahrung, dass es Sie schreibt.

Sie müssen nur das Schleusentor in Ihrem Kopf öffnen, schon fluten Ihre Assoziationen das weiße Blatt oder Ihren Bildschirm.

Wenn wir Free Writing im Seminar üben und uns hinterher die Ergebnisse vorlesen, sind die meisten Teilnehmer überrascht von sich selbst.

Typisches Statement einer Teilnehmerin: "Krass! Ich weiß gar nicht, wo ich das alles hergenommen habe. Der Text ist einfach so aus mir herausgesprudelt."

Warum Free Writing allein nicht zu guten Texten führt

Leider hat die Sache einen Haken: Die wenigsten können sich erlauben, in ihrem Beruf irgendetwas zu schreiben.

Wenn Sie Ihr Geld mit Kurzgeschichten, Gedichten oder Romanen verdienen, ist Free Writing womöglich das Allheilmittel gegen die Angst vor dem leeren Blatt.

Aber so wie ich Sie kenne, produzieren Sie keine Fiction, sondern Artikel, Protokolle, Gutachten, Konzepte, E-Mails etc.

Im Gegensatz zu Hemingway müssen Sie in Ihren Texten einen Ausschnitt der Realität abbilden. Sie können sich Ihre Texte nicht einfach ausdenken.

Wenn Sie mich fragen, ist das von Vorteil.

Hemingway ging daran kaputt, dass ihn irgendwann die Muse einfach nicht mehr küssen wollte. Sein Einfallsreichtum war versiegt.

Da haben Sie es besser: Ihnen muss gar nichts einfallen. Sie müssen nichts erfinden. Sie müssen etwas finden.

Und zwar jenen Aspekt in Ihrem Thema, der für Ihre Leserinnen und Leser am wichtigsten ist. 

In drei Schritten zu Ihrem grandios beschissenen ersten Entwurf

Schreiben Sie also nicht sofort drauflos!

Das Ergebnis wäre zwar ein beschissener erster Entwurf. Aber keiner, der Ihnen hilft, die Arbeit an Ihrem Text schnell zu einem guten Ende zu bringen.

Gehen Sie folgende drei Schritte, bevor Sie mit dem Schreiben loslegen. (Wenn Sie zwischen diesen Schritten Pausen einlegen, werden Sie ganz entspannt ans Ziel kommen.)

1. Recherchieren Sie!

Sammeln Sie Stoff für Ihren Text: Informationen, vielleicht auch Szenen und Zitate rund um Ihr Thema.

In der Recherche geht es nicht darum, möglichst viel Stoff zu sammeln, sondern den richtigen.

Finden Sie möglichst schnell heraus, was Ihre Zielgruppe an Ihrem Thema interessiert! Wenn Sie das wissen, bohren Sie in die Tiefe.

So sammeln Sie die Assoziationen, mit denen Sie später beim Free Writing das weiße Blatt oder den leeren Bildschirm fluten werden. Und sie stellen sicher, dass diese Informationen für Ihr Publikum von Relevanz sind.

2. Definieren Sie die Botschaft für Ihre Leserinnen und Leser!

Was von dem ganzen Kram, den Sie in der Recherche zusammengetragen haben, muss bei Ihrem Publikum unbedingt hängen bleiben?

Welches Resultat sollen Ihre Leserinnen und Leser mitnehmen aus Ihrem Text?

Wie lautet Ihre Botschaft?

Tun Sie sich einen großen Gefallen: Klären Sie das, bevor Sie in die Tasten hauen!

Ich mache das, indem ich den Titel und den Teaser für meine Texte immer zuerst schreibe.

Ich stelle mir meine Lieblingsleserin vor und bemühe mich, ihr in zwei, drei Sätzen zwei Fragen zu beantworten:

Worum geht es in diesem Text?
Warum sollte ich ihn lesen?

Wenn Sie eine überzeugende Antwort auf diese Fragen gegeben haben, kennen Sie Ihr Ziel.

Jetzt wissen Sie, was Sie sagen wollen.

Und Sie können sicher sein, dass Ihre Leser das hören möchten.

3. Ordnen Sie die Recherche-Ergebnisse in Ihrem Kopf!

Halt! Noch ist die Zeit für Ihren beschissenen ersten Entwurf nicht gekommen.

Damit Sie ihn im Free-Writing-Modus schreiben können, müssen Sie die Recherche-Ergebnisse in Ihrem Kopf erst ordnen.

Schmeißen Sie erst einmal alles raus, was Ihr Publikum nicht braucht, um mit der Botschaft nach Hause zu gehen, die Sie vermitteln wollen.

Alle Informationen, Szenen und Zitate, die übrigbleiben, ordnen Sie in Ihrem Kopf.

So, dass sie in der richtigen Reihenfolge aufs Papier fließen, sobald Sie das Schleusentor Ihres Geistes öffnen.

Das Gegenteil von Angst vor dem leeren Blatt? Flow!

Jetzt ist es soweit.

Öffnen Sie die Schleuse! Lassen Sie alles raus! Ohne Rücksicht auf Verluste.

Vergessen Sie, dass es auf Ihrer Tastatur eine Zurück- und eine Löschtaste gibt! Schreiben Sie Ihren Text einfach runter!

Pfeifen Sie auf die Rechtschreibung!

Ignorieren Sie die Kommaregeln!

Denn jetzt schreiben Sie Ihren beschissenen ersten Entwurf!

Er wird vor Fehlern strotzen. Die Grammatik wird holpern. An manchen Stellen werden tiefe Lücken klaffen.

Aber Dank der Erlaubnis, einen richtig schön beschissenen ersten Entwurf rauszuhauen, wird Ihr Manuskript glitzern und funkeln und wunderschön sein.

Sie müssen es nur noch ein bisschen in Form bringen.

(In meinem Gastbeitrag auf wortliga.de können Sie mehr darüber lesen, wie Sie den Flow herbeiführen.)

Lust auf ne Runde Free Writing?

Dann stellen Sie jetzt Ihren Timer auf vier Minuten!

Schreiben Sie bis der Alarm ertönt einen beschissenen ersten Entwurf zum Thema: "Endlich ist Frühling!"

Am besten direkt hier unten in die Kommentare.

Ich freu mich drauf! 🙂


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  • Mein shitty first draft für heute – unzensiert und voller Fehler. Aber mir gefällt`s. 🙂

    Endlich ist Frühling! Die Wassertemperatur im Rhein liegt bestimmt schon seit ein paar Tagen über 10 grad. Steffen Flügler sagt, dann beißen die Barsche. ob das stimmt? Ob die Barsche echt schon beißen? Es käme auf einen Versuch an. Ach Mist, der Angelladen hat ja zu! Sch… Corona. Naja. Ich schau mal im Keller, was noch so rumliegt. Für zwei, drei Stunden am Wasser wirds reichen. und wenn nicht, fang ich eben nichts. Was solls. Hauptsache draußen. Ist lange her, dass mir die Sonne auf den Kopf schien. Online-Trainings sind schön und gut, aber immer nur vor dem Kasten hocken macaht auf Dauer einfach keinen Spaß. Ich muss mal wieder raus an die Luft. Soll ich jetzt? Warum eigentlich nicht. Der Newsletter ist draußen. Was spricht dagegen, dass ich aus draußen bin? Gar nichts. Und deswegen mach ich jetzt schluss. nur noch den Rechner rutnerfahren und dann ab an den See. Hey, ihr Barsche, vorsicht, ich komme!

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