Storytelling

Spannende Geschichten schreiben: das Rezept fürs Storytelling

Storytelling mal ganz einfach: Spannende Geschichten schreiben Sie, indem Sie drei essenzielle Zutaten finden und mit Hilfe einer simplen Formel kombinieren. 

Wenn Sie wollen, dass Menschen Ihre Texte lesen, haben Sie zwei Möglichkeiten: Entweder Sie schreiben einen interessanten Text oder einen spannenden.

Das gilt für Blogartikel genauso wie für alle anderen Sach- und Fachtexte und ist nur auf den ersten Blick banal. Denn spannende Texte unterscheiden sich fundamental von interessanten Texten.

Hoppla: Trumps Anwalt Rudy Giuliani muss 148 Millionen Dollar an zwei Wahlhelferinnen zahlen, weil er sie des Wahlbetrugs bezichtigt hat!

Wahnsinn: Harry Kane hat in den ersten 18 Bundesliga-Spielen 12 Tore geschossen – Ligarekord!

Krass: Die UN schätzt, dass weltweit jedes Jahr 745.000 Menschen an Überarbeitung sterben.

Das waren drei Beispiele für interessante Inhalte. Interessant sind sie, weil sie uns mit neuen und kaum erwartbaren Zahlen, Daten und Fakten überraschen.

Spannung ist das genaue Gegenteil von Überraschung.

Gespannt sind wir, weil wir schon in eine bestimme Richtung ahnen, auf ein bestimmtes Ende hoffen – oder weil wir fürchten, dass unsere Hoffnung am Ende enttäuscht wird.

Im November 2024 wählen die USA ihren nächsten Präsidenten. Spüren Sie mal in sich hinein! Was Sie da fühlen, ist Hoffen und Bangen. Mit anderen Worten: Sie sind gespannt.

Wenn Sie spannende Texte schreiben wollen, müssen Sie vom Autor zum Erzähler werden: Lassen Sie Ihre Leserinnen und Leser hoffen oder fürchten – oder am besten gleich beides auf einmal.

Die Frage ist jetzt natürlich, wie Ihnen das gelingt.

Spannende Geschichten schreiben – mit diesen 3 Elementen klappt es

Drei Dinge haben alle spannenden Geschichten vom Cartoon über die Wissenschaftsreportage bis hin zum Spielfilm gemeinsam:

Sie drehen sich immer um einen Konflikt.

Sie erzählen immer davon, wie sich Held:innen in diesem Konflikt bewähren.

Und sie schildern immer eine Handlung, in deren Verlauf sich der Konflikt schließlich auflöst.

Wenn in Ihrem Text auch nur eine dieser Zutaten fehlt, wird ihn niemand spannend finden. (Interessant vielleicht schon.)

Die Arbeit an einer guten Geschichte beginnt immer damit, diese drei Aspekte zu recherchieren.

Spannende Geschichten starten immer mit einem Konflikt

"Good storys come from the dark side", schreibt uns Robert McKee, Drehbuch-Experte und einer der weltbesten Lehrer des kreativen Schreibens hinter die Ohren.

Das gilt nicht nur für Kinofilme, sondern für alle Erzählungen. Auch für reale Geschichten, die Sie in Ihren Texten erzählen.

Das erste Element, das Sie für Ihre Story brauchen, ist also ein schöner, dicker Konflikt, ein Problem, ein unerfüllter Wunsch, der Ihre Geschichte spannend macht.

Aber wo kriegen Sie den her?

Der Kommunikationsberater Simon Sinek empfiehlt: "Start with why!" (Der Link führt zu Sineks viel gerühmten TED-Talk zum Thema – angeblich der am dritthäufigsten geklickte TED-Talk überhaupt. Anschauen!)

"


People don't buy what you do. They buy why you do it.


Simon Sinek Kommunikationsberater

Sinek beklagt, dass die meisten (Unternehmen) in ihrer Kommunikation fast ausschließlich darüber sprechen, WAS sie tun und WIE sie es tun.

Das mag zwar interessant sein. Doch den Stoff für spannende Geschichten finden Sie nicht im WAS und nicht im WIE.

Fragen Sie lieber WARUM und WOZU!

Das sind die wichtigen Aspekte, die zu guten Storys führen.

Denn sie lenken die Aufmerksamkeit auf die Probleme, die Menschen bewegen, auf ihre inneren Konflikte, ihre unerfüllten Wünsche und ihre tiefsten Sehnsüchte. Das ist es, was eine Geschichte lebendig werden lässt. Nur wenn Sie diesem Warum nachspüren, wird ihre Geschichte anschaulich. 

Um mit den Protagonisten Ihrer Story hoffen oder fürchten zu können, müssen Ihre Leserinnen und Leser wissen, welche Probleme sie wälzen, wovon sie träumen und wonach sie sich sehen.

1. Starten Sie beim Wozu! Das führt Sie direkt zum Konflikt.

Nehmen wir als Beispiel meine Arbeit als Schreibcoach, genauer, meine 1:1-Reportage-Coachings.

Wie könnte ich darüber eine spannende Geschichte schreiben?

Probieren wir es mit dem WAS! In meinen 1:1-Coachings begleite ich Menschen, die lernen wollen, lesenswerte Reportagen zu schreiben und zu verkaufen.

Das ist hoffentlich für einige interessant. Aber niemand wird jetzt gespannt sein, wie die Geschichte ausgeht. Oder?

Was ist mit dem WIE?

In einem Online-Coaching begleite ich die Schreibenden durch den gesamten Prozess von der Themenidee bis zur Veröffentlichung ihrer Reportage.

Auch diese Info wird die Besucher meiner Website kaum hoffen oder bangen lassen.

Spannend wird es erst, wenn ich an einem konkreten Beispiel zeige, WARUM meine Kunden dieses Coaching buchen und WOZU ich ihnen darin verhelfe.

Viele träumen davon, große Reportagen für ein möglichst großes Publikum zu schreiben. Doch die meisten haben noch nie eine echte Reportage geschrieben und trauen sich die journalistische Königsdisziplin nicht zu. Im Laufe unseres Coachings beweisen sie sich selbst, dass sie spannende Reportagen schreiben können. So mitreißend, dass renommierte Medien sie gerne veröffentlichen.

In diesem letzten Absatz steckt der Konflikt, den ich brauche, um eine Geschichte über mein Reportage-Coaching zu erzählen:

Der unerfüllte Wunsch, den viele angehende Autoren hegen: Endlich eine große Reportage in einem bekannten Medium veröffentlichen!

Übrigens habe ich diese Geschichte über Susanne tatsächlich geschrieben. Lesen Sie gern rein!

"


Storytelling is the most powerful way to put ideas into the world today.


Robert McKee

Drehbuch-Guru

2. Finden Sie eine Heldin, die sich gewaschen hat!

Es darf auch ein Held sein. Von mir aus auch mehrere.

Wichtig ist nur, dass Sie konkrete Figuren finden, die die Hauptrolle in Ihrer perfekten Story übernehmen. 

Schreiben Sie also nicht von "20.000 zufriedenen Kunden"! Zeigen Sie lieber einen dieser Kunden so nah und konkret Sie nur können!

Zur Heldin taugt nur, wer dem Konflikt ausgesetzt ist oder war, mit dem Ihre Geschichte beginnt. (Am besten wird dieser Konflikt schon im Titel deutlich! So wie in "Schneiders Krieg", einer Reportage, die Journalistenschüler für Stern.de produziert haben.)

Fragen Sie sich beim Casting für die Hauptrolle Ihrer Geschichte:

Wer hat in diesem Zusammenhang am meisten erlebt?

Welche Person hat am meisten gelernt oder gelitten?

Bei welchen Figuren war der persönliche Wandel am größten?

Je größer der Kontrast zwischen Ihrer Heldin und ihrem Problem, desto besser!

Denn Helden mit kleinen Problemen, Wünschen oder Sehnsüchten lassen das Publikum kalt. Je schwerer es Ihre Heldin hat, ihr Ziel zu erreichen, desto größer die Hoffnung und Furcht Ihrer Leserinnen und Leser.

Merke: Der Kontrast zwischen den Helden und Ihren Wünschen bzw. Problemen erzeugt die Spannung in Ihrem Text.

Sorgen Sie dafür, dass diese Spannung möglichst groß ist.

Noch einmal zurück zu unserem Beispiel: In der Geschichte über mein 1:1-Coaching wird Susanne die Hauptrolle spielen.

Susanne arbeitet für eine sehr kleine Lokalzeitung. Sie träumt schon lange davon, ihren Namen unter großen Reportagen in renommierten Magazinen und Zeitungen zu lesen. Aber Susanne quälen Selbstzweifel und Versagensängste. Mit meiner Hilfe will sie sich ihnen stellen. Mit anderen Worten: Susanne ist die perfekte Heldin.

Anspruchsvollere Geschichten bedürfen neben der Heldin meist weiterer archetypischen Figuren: Gegenspieler, Gatekeeper und ähnlich angsteinflößende Figuren machen ihr das Leben schwer und Ihren Leserinnen und Lesern die Lektüre unterhaltsam.

Mentoren und Unterstützer helfen der Heldin, ihr Ziel zu erreichen. Als Autor verhelfen Ihnen solche Figuren zur perfekten Story: Sie treiben die Handlung voran und versorgen das Publikum mit neuen Informationen zur Person, die im Zentrum der Geschichte agiert. 

In der Story von Susannes Kampf um ihre erste Reportage blieb mir einmal mehr nur die Nebenrolle als Mentor. Auch schön. 😉

Cartoon-Figur Superwomen fliegend

3. Erzählen Sie die richtige Handlung!

Wir haben eine Heldin mit einem großen unerfüllten Wunsch (Konflikt). Beste Voraussetzungen für eine gute Story. 

Was Ihnen jetzt noch fehlt für Ihre nächste Geschichte, ist die Handlung.

Viele Autorinnen und Autoren scheitern an diesem Punkt. Der Grund dafür ist simpel: Sie zeigen die falsche Handlung.

Als Volontär bin ich selbst in diese Falle getappt: Damals schrieb ich ein Porträt über einen Schamanen, für das ich mich bis heute schäme. 

Für das Recherche-Interview mit dem Schamanen traf ich ihn in einem Münchener Café.

Der Text, den ich in diesem Café recherchierte, bestand in erster Linie aus Zitaten des Schamanen. Und in zweiter Linie aus Szenen, die ihn dabei zeigten, wie er seinen Kaffee umrührte.

Das Urteil der Volontär-Ausbilderin an der Akademie der Bayerischen Presse fiel vernichtend aus. In Schulnoten hätte ich wohl höchstens eine 3 minus für diesen Text bekommen. 

Ich erzähle Ihnen das, damit Sie nicht den gleichen Fehler machen. In meiner Arbeit als Schreibcoach für Journalisten, PR- und Marketing-Texter und Reden-Schreiber begegnet mir dieser Makel ständig:

Autorinnen und Autoren erzählen. Vielleicht beschreiben Sie die Handlung sogar lebendig und anschaulich. Aber sie erzählen Satz für Satz das Falsche. Es wird einfach nicht spannden!

Wenn Sie einen Schamanen porträtieren wollen, müssen Sie ihn auf seiner Ekstase-Wiese besuchen. Sie müssen ihn bei der Arbeit erleben, dabei sein, wie er schamanistische Probleme löst. 

Sonst recherchieren Sie die falsche Handlung!

Richtig ist die Handlung für Ihre Story nur dann, wenn sie den Helden dabei zeigt, wie er um die Lösung seines Konflikts kämpft, wie er Rückschläge erleidet, Bedrohungen die Stirn bietet und wie er sein Ziel schließlich trotz all dieser Widrigkeiten erreicht – oder daran scheitert.

Im Journalismus werden manche Reportagen mit der Niederlage des Helden enden. Für PR- und Marketing-Storys empfiehlt sich aus naheliegenden Gründen ein Happy End. 

Das ist der Stoff, aus dem Sie die Handlung stricken müssen. Ohne Hürden, Bedrohungen und Rückschläge wird es nicht spannend! Weil wir uns dann nicht um den Helden sorgen oder mit ihm hoffen können. 

Machen Sie sich sorgen, dass Ihre Vorgesetzten Sie nicht über Probleme, Rückschläge und Hürden schreiben lassen? Dann empfehle ich Ihnen diesen Blogartikel:
 3 Gründe, warum Storytelling in vielen Unternehmen scheitert.

4. Formen Sie aus den drei Elementen Ihre Geschichte! 

Kennen Sie die Titel "Toy Story", "Findet Nemo!" und "Soul"? All diese und viele weitere erfolgreiche Animationsfilme stammen aus derselben Filmfabrik: Pixar.

Dort arbeiten einige der besten Geschichten-Erzähler der Welt. 

Sie entwickeln ihre Storys nach einer einfachen Formel, die auch Ihnen helfen wird, aus den Elementen Konflikt, Held und Handlung eine Geschichte zu formen.

Die Pixar-Formel bringt Ihre Handlung in die richtige Reihenfolge. Sie funktioniert so:

Es war einmal ... Hier setzen Sie eine kurze, möglichst konkrete Beschreibung Ihrer Heldin ein.

Jeden Tag ... Jetzt beschreiben Sie kurz den Alltag der Heldin, ihre Situation bevor die Geschichte Fahrt aufnimmt.

Doch eines Tages ... Das ist die Stelle, an der die Heldin mit ihrem Konflikt konfrontiert wird.

Darauf hin ... Hier zeigen Sie, was die Heldin unternimmt, um ihr Problem in den Griff zu bekommen. 

Und dann ... Lösen Sie den Konflikt nicht zu schnell. Lassen Sie das Publikum zappeln, indem Sie von kleinen Erfolgen und größeren Rückschlägen erzählen.

Bis schließlich ... Erst zum Schluss erlösen Sie Ihre Leserinnen und Leser, indem Sie zeigen, wie Ihre Heldin den Konflikt löst. Für Marketing und PR empfiehlt sich wie gesagt ein versöhnlicher Schluss. Journalistische Texte dürfen auch ein schlimmes Ende nehmen.

Erzählen Sie der Welt Ihre Geschichten!

Der Konflikt, der Held und die Handlung sind die Zutaten, die Ihre Geschichte spannend machen.

Die Formel aus den Pixar-Studios ist die Methode, mit der Sie den roten Faden in die Handlung weben. Damit haben Sie alles, was Sie brauchen.

Worauf warten Sie? Machen Sie Ihre nächste Geschichte fertig!

Wie detailliert und ausführlich Sie erzählen, passen Sie dem Medium, dem Anlass und der Zielgruppe an. Lassen Sie Ihre Fantasie von der Kette! Auch, wenn die wesentlichen Zutaten immer die gleichen sind, sind da draußen Myriarden unterschiedliche Arten von Storys, die nur darauf warten, erzählt zu werden.

Nicht jede Geschichte müssen Sie aufschreiben. Nutzen Sie sie, um Vorträge zu würzen! Streuen Sie sie in Gespräche ein. Drehen Sie ein Video! Bereichern Sie die Welt mit Ihren Geschichten!


Hilft Ihnen das beim Geschichten-Erzählen? Wie machen Sie Ihre Geschichte fertig? Wovon handelt Ihre nächste Geschichte? Schreiben Sie Ihren Kommentar gerne gleich hier unter den Blogpost! Dann haben alle was davon.

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Storytelling

3 Gründe, warum Storytelling in Unternehmen scheitert

Gute Geschichten unterhalten, überzeugen und verkaufen. Doch in vielen Unternehmen wird Storytelling regelrecht sabotiert. Die Gründe dafür  sind immer die gleichen. 

Als mein Sohn zwölf Jahre alt war, sah er sich veranlasst, fast 100 Euro in drei Zauberstäbe aus purem Plastik zu investieren.

Er hatte im Wesentlichen drei Argumente für diesen aus seiner Sicht absolut notwendigen Kauf:

Der erste Zauberstab gehört Snape, seinem Lieblingscharakter aus "Harry Potter".

Mit dem zweiten hat Voldemort Harry Potter die Blitznarbe auf der Stirn beigebracht.

Und der dritte, mit dem Newt Scamander unter anderem "Phantastische Tierwesen" in ihre Schranken weist, sei einfach der Schönste von allen.

Storytelling wirkt. 

Nicht umsonst geben internationale Konzerne Unsummen dafür aus, ihre Produkte in Kinofilmen, Netflix-Serien und Youtube-Videos zeigen zu dürfen.

Um die letzten Skeptiker zu überzeugen, verlinke ich hier eine Metastudie zur Wirkung von Storytelling.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Geschichten die Verständlichkeit und die Überzeugungskraft von Inhalten erhöhen. Zudem erleichtern Storys es den Rezipienten, sich an diese Inhalte zu erinnern. 

Der amerikanische Psychologe Jerome Bruner behauptete gar, wir würden uns Fakten 22-mal besser merken, wenn sie in Geschichten verpackt sind.

Woher Bruner diese Zahl hat, habe ich nicht rausgefunden. Aber eines scheint festzustehen:

Wenn Sie Ihr Publikum (wozu auch immer) bewegen wollen, tun Sie gut daran, Geschichten zu erzählen.

Sollten Sie Storytelling für Ihre Firma, für Ihr Forschungsinstitut oder für irgendeine andere Organisation einsetzen wollen, muss ich Sie aber warnen:

Die Chancen stehen gut, dass Vorgesetzte und Kollegen – in manchen Fällen sogar Partner und Kunden – Sie mit allen möglichen Mitteln davon abhalten, gute Geschichten zu erzählen.

Drei Knüppel werden Geschichten-Erzählern in Firmen und anderen Organisationen meiner Erfahrung nach besonders häufig und gern zwischen die Beine geworfen.

"Ich finde, die meisten Leute wissen, was eine gute Story ist. Bis sie sich hinsetzen, um eine zu schreiben."

Flannery O'connor

Storytelling-Problem Nr. 1: Ihr Umfeld hat ein Problem mit Problemen

Eine Volontärin aus der Unternehmenskommunikation eines großen deutschen Autobauers schrieb einen faktenreichen, aber sterbenslangweiligen Text:

Der Vorstandsvorsitzende des Autokonzerns hatte seine Showcar-Ingenieure damit beauftragt, ein Sport-Auto mit Elektro-Antrieb zu bauen. Es sollte die gleiche Power auf die Piste bringen, wie ein Rennwagen.

Solch ein Auto gab es bis dato nicht.

Der Vorstandsvorsitzende wollte die Welt auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) damit überraschen.

Die Showcar-Ingenieure bauten das Auto und die Fachwelt zeigte sich beeindruckt.

Eigentlich bot dieser Fall alles, was man für eine gute Geschichte braucht:

1. Helden: die Showcar-Ingenieure

2. Ein dickes Problem: Sie sollten in wenigen Wochen ein Auto bauen, von dem sie selbst nicht glaubten, dass sie es bauen könnten.

3. Handlung: Man hätte die Helden dabei zeigen können, wie sie mit ihrem Problem kämpfen, wie sie Rückschläge erleiden und am Ende trotzdem siegen.

4. Schauplätze und Requisiten: Man hätte die Helden bei der Arbeit in der Werkstatt zeigen können, im Pausenraum, wo der Chef des Teams Zigaretten schachtelweise rauchte, um seine Nervosität in den Griff zu kriegen, die Helden zu Hause, wo sie sich bei ihren Ehefrauen ausheulten ...

Wie kommt es, dass die Volontärin trotz all dieser wunderbaren Zutaten einen langweiligen Text produzierte?

Ganz einfach: Ihre Vorgesetzten verbaten ihr, diese Zutaten zu verwenden.

Wörtlich sagte man ihr: "Das Wort Problem kommt bei uns in der Unternehmenskommunikation nicht vor."

Wenn Sie solche Vorgaben beim Schreiben von Geschichten berücksichtigen müssen, können Sie einpacken.

Storytelling ohne Probleme funktioniert nämlich ungefähr so gut, wie Tee kochen ohne Wasser.

Wenn in Ihrem Text alles glatt geht, ist es keine Geschichte. 


Oder haben Sie schon einmal eine Kinovorstellung besucht, in der die Helden des Films kein Problem hatten? 

Fürs Storytelling gilt: je größer das Problem, desto besser.

Andersherum wird ein Schuh draus:

Um spannende Geschichten zu erzählen, müssen Sie in Ihrer Recherche gezielt nach Problemen (Konflikten) suchen, die Ihre Helden überwinden mussten.

Denn Spannung bedeutet, dass Ihr Publikum mit Ihren Protagonisten hofft und fürchtet.

Je größer das Problem, desto größer die Spannung, desto besser die Story.

Und desto leichter ist es, die Leserinnen und Leser von der Leistungsfähigkeit Ihrer Organisation zu überzeugen.

Denn kleine Probleme kann jeder lösen.

Für große Probleme braucht es echte Helden.

Wenn Ihre Vorgesetzten ein Problem mit Problemen haben, müssen Sie sich selbst als Heldin oder Held erweisen.

Bieten Sie ihnen die Stirn!

Suchen Sie nach den dicksten Problemen, die Sie in Ihrem Laden finden können!

Und schreiben Sie mitreißende Geschichten darüber, wie Ihre Kolleginnen und Kollegen oder Ihre Kunden oder Ihre Maschinen diese Probleme aus der Welt geschafft haben.

Storytelling-Problem Nr. 2: Ihr Umfeld hält Geschichten für unseriös

"Erzähl‘ doch keine Geschichten!" Wer so etwas sagt, meint: Hör' auf, mich für dumm zu verkaufen! Was du sagst, stimmt garantiert nicht.

Geschichten zu erzählen, ist für viele (im deutschen Sprachraum) gleichbedeutend mit Flunkern und maßloser Übertreibung.

Wo Forschende, Ingenieure, Juristinnen oder andere Fachleute arbeiten, hat das Erzählen von Geschichten oft den Beigeschmack von mangelnder Wissenschaftlichkeit und Seriosität.

Wenn Sie in solch einem Fakten-Fakten-Fakten-Umfeld Kommunikationsarbeit leisten, kann es schwer werden, mitreißende Geschichten zu erzählen.

Einfach, weil Ihnen die Kolleginnen und Kollegen, deren Arbeit Sie verkaufen wollen oder sollen, nichts liefern werden außer Zahlen, Daten und Fakten.

Da hilft nur eins: Schlagen Sie die Rationalisten mit Ihren eigenen Waffen! Legen Sie Ihnen Studien vor, die die Wirkmacht von Storytelling beweisen! Vgl. die Links oben!

"Wir verstehen alles im menschlichen Leben durch Geschichten."

Jean Paul SaRtre

Storytelling-Problem Nr. 3: In Ihrem Umfeld darf oder will niemand den Helden spielen

Haben Sie je einen Roman oder auch nur ein Comic-Heft gelesen, die ohne eine Hauptperson ausgekommen wären? Sahen Sie je einen Film ohne Hauptrolle?

Natürlich nicht.

Es ist unmöglich, eine Geschichte ohne Helden zu erzählen.

Das ist ein weiterer Grund dafür, dass wir in Kundenmagazinen, im Intranet und auf den Websites der meisten Firmen Fakten, Fakten, Fakten lesen – aber nur in Ausnahmefällen Geschichten.

Viele haben nämlich nicht nur ein Problem mit Problemen, sondern auch mit Helden.

Nicht, weil es davon in unseren Organisationen oder unter unseren Kunden zu wenig gäbe. Sondern, weil es uns, unseren Vorgesetzten oder den Heldinnen und Helden selbst falsch und vermessen vorkommt, ihre Geschichten zu erzählen.

Das hieße ja, diese Mitarbeitenden oder Kunden groß und prominent herauszustellen, während andere nur in vergleichsweise kurzen und nüchternen Nachrichten und Berichten vorkommen.

Wo bleibt denn da die Gerechtigkeit?

Mit anderen Worten: Storytelling fällt im Inter- wie im Intranet genauso wie in Kunden-, Mitglieder- und Mitarbeitermagazinen sehr oft der Gleichmacherei zum Opfer.

Damit niemand herausgehoben wird, sehen alle Beiträge gleich aus. Lieber präsentieren wir alle langweilig, als einen spannend.

Alle Beiträge sind gleich lang und ähnlich bebildert.

In der Regel handelt es sich um Nachrichten und Berichte.

Hier und da findet sich ein Interview. Aber auch das enthält meist nichts als Zahlen, Daten und Fakten.

Echte Geschichten suchen wir in vielen Kunden-, Mitglieds- und Mitarbeitermedien immer noch vergeblich.

Der erste Schritt in Richtung Besserung besteht darin, sich und allen anderen Beteiligten dieses Problem bewusst zu machen.

Und anschließend ebenso bewusst gegenzusteuern: Planen Sie Storytelling!

Sonst passiert es nicht.

Überlassen Sie es nicht dem Zufall oder dem Mut Ihrer Vorgesetzten, ob Sie Geschichten erzählen!

Planen Sie für Ihre Kommunikation zu allen Zielgruppen und auf allen Kanälen regelmäßig Storys ein!

Weihen Sie Ihre Vorgesetzten und die Protagonisten Ihrer Geschichten von Anfang an ein!

Überzeugen Sie sie, dass es gut und richtig ist, diese Geschichten prominent und als echte Heldenreisen zu erzählen! 


Teilen Sie meine Erfahrungen mit dem Storytelling? Oder sehen Sie die Herausforderungen ganz woanders? Schreiben Sie Ihren Kommentar gerne gleich hier unter den Blogpost! Dann haben alle was davon. 

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